15 Jahre Pink Apple

Wahrlich, ein Jubeljahr! Vor 15 Jahren erstmals durchgeführt, feiert Pink Apple dieses Jahr sein Jubiläum mit einem üppigen Programm und unter royaler Ägide: Nicht nur ein König und eine Königin finden sich im Programm – auch der Stadtammann von Frauenfeld und die Stadtpräsidentin von Zürich heissen mit einem Grusswort das Festival willkommen. Das erfüllt uns mit Stolz: Viel hat sich getan in den letzten 15 Jahren!

Und das ist längst nicht alles, ist doch eine Legende der Schwulenbewegung als geschätzter Gast (einmal mehr) bei uns: Rosa von Praunheim präsentiert im Jubiläumsjahr nicht nur seinen jüngsten Titel: «Den König des Comics» – über den wohl bekanntesten deutschen Comiczeichner Ralph König –, sondern auch sein frühes Werk «Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt» (1971). Damit bringt er einerseits den erwähnten «König» bei uns auf die Leinwand – zum anderen läutet er noch ein weiteres Jubiläum ein: Der äusserst kontroverse

Film «Nicht der Homosexuelle ist pervers» steht nämlich am Beginn der hiesigen schwullesbischen Emanzipation, wurden doch damals nach seiner öffentlichen Vorführung die Homosexuellen Arbeitsgruppen Zürich (HAZ) gegründet, die im erweiterten Rahmen dieser Filmvorführung ihr 40-Jahr-Jubiläum feiern.

Unser Blick geht aber noch weiter zurück – zum einen in die ersten Jahrzehnte der Zürcher Stadtgeschichte des 20. Jahrhunderts mit illusteren Persönlichkeiten wie Renée Schwarzenbach und ihrer Tochter Annemarie oder den Mann-Geschwistern Klaus und Erika, denen wir in Film, Vortrag und Stadtrundgang begegnen. Zum anderen in die Frühzeit der Filmgeschichte: «Vingarne» des schwedischen Regisseurs Mauritz Stiller aus dem Jahr 1916 gilt als erster Film mit schwulem Inhalt. Vieles durfte damals nur andeutungsweise gezeigt werden – und wurde letzt- endlich doch durch Zensur und Verbote den Blicken entzogen. Und dabei wären wir bei einem anderen Thema,

das die Darstellung von Homosexualität im Film seit je begleitet: die Zensur, die bis heute eine ungefragte Wegbegleiterin ist – darüber mehr in unseren Specials, die sich dem Gegenstand von verschiedenen Seiten her nähern.

Viel hat sich getan, aber längst noch nicht alles ist gut. Das Coming-out ist immer noch eine hohe Schwelle für viele – insbesondere für junge Menschen –, und das verstärkt, wenn unterschiedliche Kulturen in ein und demselben Umfeld aufeinanderprallen. Deshalb widmen wir einen Schwerpunkt mit Podium und Filmen den hier und anderswo lebenden Secondos und Secondas.

Last, but not least: Unsere Gäste aus nah und fern sollen mit den Pink Talks im Cabaret Voltaire – unserem frisch gekürten Festivaltreffpunkt – eine weitere Möglichkeit haben, sich dem Publikum zu präsentieren, befragt von kundigen Moderator/innen im lockeren Rahmen. Und

auch in Frauenfeld steht das Festival vor einem Quantensprung, hält es doch erstmals Einzug in das neue Cinema Luna mit seinen zwei Sälen und der schicken Bar! In dieser kleinen Stadt im Osten der Schweiz hat alles begonnen. Ob es inzwischen auch leichter geworden ist, als Lesbe oder Schwuler im Thurgau zu leben und akzeptiert zu werden, das steht als Thema im Zentrum eines Podiums mit dem Titel: «Bleiben oder Auswandern?».

Zehn intensive Tage bietet das Festival, bis es dann – und hier kommt nun unsere Königin ins Spiel – «Adieu» heisst: Marie Antoinette winkt uns zu und verzaubert uns mit dem hinreissenden «Les adieux à la reine» von Benoît Jacquot! Unser Wunsch zum Jubiläum? Ein zahlreiches Publikum, das mit uns den Geburtstag von Pink Apple feiert!

Euer Pink-Apple-Team